Mittwoch, 18. März 2009

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Geplant war das nämlich so: Zuerst wollte ich ein wenig klugscheißerisch mit schnell angelesenem Wissen prahlen und darauf hinweisen, wie sehr doch diese Muster an semitische Schriften erinnern (Oh!), dann wollte ich in einer eleganten Überleitung die Schlüssigkeit dieser Beobachtung unterstreichen und Ihnen enthüllen, dass wir uns hier tatsächlich in Vorderasien befinden (Ah!). Schließlich hätte ich noch ein paar betont beiläufige Worte über die wahre Bedeutung des abgebildeten Ortes verloren (Applaus!).

Doch dann verirrte ich mich bei dem, was ich Recherche nenne, schnell im Gewirr der nabatäischen, aramäischen oder sonstwie phönizischen Schriften (von den proto-sinaitischen ganz zu schweigen) und war am Ende nicht mal mehr sicher, ob die abgebildete Gegend nicht bereits zu Zentralasien gezählt werden müsse oder ob man auch Orient dazu sagen dürfe und wo denn überhaupt die Unterschiede seien – kurzum: Ich habe keine Ahnung von gar nichts und komme deshalb ohne lange Vorrede (Ha!) zur Kernfrage: Wo sind wir hier eigentlich und warum?

Diese Felder gehören zum südirakischen Örtchen Al-Qurnah, das seine Bedeutung vor allem aus seiner Lage herleitet: Es liegt exakt am Zusammenlauf der Flüsse Euphrat und Tigris, die dort den mächtigen Shatt-al-Arab formen. Und genau diese Stelle gilt als ein möglicher Ort des biblischen Garten Eden. Doch auch für Agnostiker bietet die Gegend Einiges, gilt sie doch, seit die Sumerer dort die Keilschrift und das Rad erfanden, Mathematik und Astronomie betrieben und ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem entwickelten, allgemein als Wiege der Zivilisation.

Die letzten Jahrzehnte waren allerdings leidvoll für diesen Landstrich: Saddam Hussein ließ weite Teile trockenlegen, um schiitischen Widerstandskämpfern die Rückzugsmöglichkeit zu nehmen. Der Ort Al-Qurnah war Schauplatz zweier Schlachten – im ersten Weltkrieg (1915) und im Irakkrieg (2005). Heute ist Wasser die umkämpfteste Ressource: Die Wasserentnahme der Anrainerstaaten aus den Flüssen führt zu einer fortdauernden Austrocknung der ehemaligen Sumpfgebiete.

Keine guten Nachrichten, meint man. Seit zwei Wochen gibt es jedoch ein wenig Hoffnung: Das ursprüngliche Marschland soll durch die Beseitigung von Dämmen und Kanälen wiederhergestellt werden. Ein kleiner Lichtblick für dieses zerschundene Land.


Weiterlesen:
Von der Wiege der Kulturen zum internationalen Krisengebiet (Springer)
The Lost Palaces of Iraq (BBC)
Among the Marsh Arabs of southern Iraq (Historische Fotos, Universität Oxford)
Vom Garten Eden zur Wüstenei (Berliner Zeitung)